Mehr als „nur“ Nachhilfe | Dr. Michael Bohn verrät im Interview was er damit meint (2021)
Ein Interview mit einem Experten.
Michael führt das erfolgreiche Lernstudio „Coaching & Nachhilfe Dr. Bohn“. Heute möchte ich euch seine außergewöhnliche Geschichte vorstellen. Michael ist promovierter Mathematiker und hat 2013 sein Lernstudio in Bonn gegründet. Sein Konzept ist besonders und unterscheidet sich von anderen Angeboten. Für Michael bedeutet Nachhilfe deutlich mehr als die reine Vermittlung von Wissen in einem bestimmten Fach. Er versteht sich gleichermaßen als Lerncoach sowie Mentor. Das bedeutet, er unterstützt Kinder und Jugendliche bei weitaus mehr als „nur“ Fachthemen. So bietet Michael Unterstützung rund um Themen wie Prüfungsangst, Konzentrations- oder Motivationsschwierigkeiten und Lernorganisation an. Ich habe mit Michael ein spannendes Interview über seine Geschichte und tägliche Arbeit geführt und möchte auch Dir die Möglichkeit geben von den Erfahrungen und dem Wissen eines erfolgreichen Lerncoachs zu profitieren.
Angelika: Was ist die Geschichte hinter Bohn Bonn. Wie kamst Du als promovierter Mathematiker dazu Nachhilfe zum Beruf zu machen?
Michael: Ja, auf den ersten Blick ist es sicherlich sehr ungewöhnlich als promovierter Mathematiker eine Nachhilfeeinrichtung zu gründen. Ich kenne auch keinen anderen, der genau diesen Weg eingeschlagen hat. Allerdings habe ich mich schon damals für die Mathematik nicht auf Grund der beruflichen Perspektive entschieden, sondern aus reinem Interesse an der Mathematik und dem Ehrgeiz dieses herausfordernde Fach mit einer Promotion abzuschließen. Nach der Promotion stand ich vor der Entscheidung, ob ich in die Wirtschaft wechsle oder ob ich an der Universität bleibe. Beides war jedoch keine zufriedenstellende Option für mich. Während meiner Zeit als studentischer bzw. wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität habe ich gemerkt, dass ich Studenten Fachliches gut erklären kann. Aber auch darüber hinaus wurde ich bei allgemeinen Fragen oder Unsicherheiten gern um Rat gebeten, z. B. bei Fragen wie „Glaubst Du, das ist das richtige Studienfach für mich“ etc. Ich konnte die Studierenden immer gut unterstützen und das hat mir Spaß gemacht. Daraufhin habe ich mir also einfach selbst eine passende Stelle geschaffen und mich als Nachhilfelehrer und Lerncoach selbstständig gemacht. Dafür bildete ich mich für den pädagogisch und psychologischen Part stark weiter, bspw. mit Weiterbildungen als ADHS Trainer, Trainer für Stressbewältigung oder systemischer Berater und Coach für Kinder und Jugendliche. Aus dem Grund sehe ich mich auch weniger als Nachhilfelehrer, sondern eher als Coach und Mentor für Lernende.
Angelika: Welche Schulungen empfiehlst Du anderen Nachhilfelehrern?
Michael: Für die reine Vermittlung von fachlichem Wissen im Rahmen der Nachhilfe ist keine dieser Schulungen notwendig. Aber sobald es z. B. um die Arbeit mit Schülern mit ADHS geht, sind Weiterbildungen wie das Marburger Konzentrationstraining zu empfehlen. Für den Bereich „Coaching“ ist der systemische Ansatz sehr gut geeignet, um mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Es gibt z. B. auch spezialisierte Ausbildungen in Richtung systemische Berufsberatung. Solche Themen können sich als gute Ergänzungen für Nachhilfeschulen anbieten.
Angelika: Was sind die größten Herausforderungen für Dich in Deiner täglichen Arbeit?
Michael: Zehn oder zwanzig Jahre rückblickend denke ich, dass die Schulen den größten Teil der Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen übernommen haben und außerschulische Angebote weniger in Anspruch angenommen wurden. Meistens ging es bei Nachhilfe dann nur um akute Fälle, in denen die Versetzung wirklich gefährdet war. Heutzutage muss die Schule durch Themen wie Inklusion und Digitalisierung deutlich mehr abdecken. Zusätzlich gibt es immer mehr Schüler/innen, die Probleme mit sich tragen wie eine Trennung der Eltern oder in anderer Form Stress ausgesetzt sind. Dadurch ist sehr häufig der Wunsch da, dass jemand von außen all diese vielfältigen Themen abfangen kann. Gleichzeitig wird heute mit Nachhilfe oft noch immer nur die reine fachliche Vermittlung von Wissen verbunden. Deshalb ist die richtige Positionierung meines Angebotes eine große Herausforderung. Das heißt, ich biete mehr als nur „Nachhilfe“ an und möchte mich als hochqualifizierte außerschulische Lernbegleitung von dem Image „nur ein bisschen für Mathe zu üben“ klar abgrenzen.
Außerdem wird bei schulischen Problemen leider häufig der Gedanke verfolgt, allein fachliche Nachhilfe würde das Problem beheben. Oft ist das jedoch nicht die passende Lösung. So wäre bei manchen Schülern, vor Aufarbeitung der fachlichen Inhalte, zunächst ein Lerncoaching notwendig. Haben die Schüler/innen nicht die notwendige Lernkompetenz, kann die klassische Nachhilfe nur schwer Erfolge verzeichnen. Deshalb stehe ich vor der Herausforderung, die Kundschaft dahingehend zu sensibilisieren, dass es nicht nur Schule und Nachhilfe gibt, sondern weitere Angebote wie Lerncoaching wichtige Ergänzungen sind. Meine Philosophie ist, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt, der allen Schülern/innen gleichermaßen hilft. Die Erfahrung bestätigt dies, denn häufig kommen Schüler/innen zu mir, die vorher viele Nachhilfeangebote ohne Erfolge in Anspruch genommen haben.
Angelika: Ist es einfach interessierte Schüler zu finden, die Deine Angebote in Anspruch nehmen möchten und was sind Deine Strategien neue Schüler zu gewinnen?
Michael: "Lacht" Erstmal ist natürlich die Frage, ob die Schüler kommen wollen oder ob die Eltern wollen, dass die Schüler kommen. Mir ist auf jeden Fall wichtig das Gefühl zu haben, dass auch die Schüler kommen möchten.
Ich bin jetzt seit circa 7 Jahren selbstständig. Anfangs habe ich ein paar Zeitungs- oder Facebook-Anzeigen geschalten. Jedoch ging es sehr schnell, dass ich allein durch Mund zu Mund Propaganda genügend Kunden hatte. Auch durch die Mitgliedschaft beim VNN ist eine gewisse Sichtbarkeit gegeben. Im Zweifel habe ich eher zu viele Anfragen als zu wenig und muss deshalb keine große Marketing-Maßnahmen verfolgen.
Angelika: Ich habe gesehen, dass Du Social-Media-Accounts auf Instagram sowie Facebook hast. Außerdem schreibst Du regelmäßig Artikel zum Thema „Lernen“ und veröffentlichst diese auf der Homepage und den Social-Media-Accounts. Was sind dabei die Mehrwerte für Dich und Deine Nachhilfeschule?
Michael: An einem Großteil meiner Lerntipps ist Patrick Nadler von TutorSpace „schuld“, da er vor einigen Jahren die „#NachhilfeHilftChallenge“ ins Leben gerufen hatte. Damals nahm ich an der Challenge teil und veröffentlichte innerhalb eines Monats fast täglich Lerntipps. Dabei habe ich gemerkt, dass es mir viel Spaß macht mein Wissen auch auf diese Art zu teilen. Ein weiterer toller Effekt war, dass es zu einem angeregten Austausch mit Kollegen kam, die ebenfalls an der Challenge teilnahmen. Allein das empfand ich als großen Mehrwert. Oft ist es auch so, dass ich einen Artikel über ein Thema verfasse, mit dem ich mich selbst in dem Moment intensiv beschäftige und in der Form die wichtigen Punkte nochmal zu Papier bringen kann. Das heißt, da ist für mich definitiv eine Art Spaßfaktor dabei. Auf der anderen Seite ist es eine Möglichkeit auf mein Alleinstellungsmerkmal aufmerksam zu machen, dass es bei mir eben nicht nur um Nachhilfe geht, sondern ich die Schüler viel weitgehender unterstütze. Ich merke, dass nach und nach mehr Anfragen kommen, bei denen die Leute auch tatsächlich die Artikel gelesen haben und sagen „Ja genau so jemanden haben wir gesucht!“
Angelika: Welche Auswirkungen hatte Corona bisher auf Deine Arbeit und welche Veränderungen haben sich gezeigt?
Michael: Klar, wie alle musste auch ich während dem „Lock-down“ von heute auf morgen auf digitalen Unterricht umstellen. Das war für mich erstmal eine neue Erfahrung. Allerdings war ich auch erstaunt, wie schnell alles gut funktioniert hat. Deshalb möchte ich für die Zukunft meine digitale Arbeit ausbauen.
Besonders spannend fand ich, dass Corona sich als eine Art Katalysator zeigte. Auf der einen Seite natürlich im Bildungswesen und dem Schulsystem. Aber ich habe auch große Veränderungen in der Einzelarbeit mit den Schülern/innen erlebt. Schüler/innen, die nur an den Noten interessiert sind, zeigten plötzlich ein komplettes Desinteresse, Unterstützung in Anspruch zu nehmen, da sie sich im letzten Halbjahr notentechnisch nicht verschlechtern konnten. Außerdem zeigte sich, dass Schüler/innen mit Lernorganisationsproblemen total mit der Situation sich Selbst und den Alltag zu strukturieren, überfordert waren.
Auf der anderen Seite gab es aber auch Schüler/innen, die Zuhause sogar besser lernen konnten als in der Schule. Dies war vor allem bei denjenigen zu beobachten, denen das Lernen in der Schule überhaupt nicht entgegenkommen, weil sie z. B. schlecht lange an einem Platz sitzen können, schnell unkonzentriert oder gelangweilt sind. Das „Homeschooling“ hat diesen Schüler und Schülerinnen den notwendigen Freiraum gegeben, um den Lernprozess ganz nach ihren eigenen Bedürfnissen zu gestalten.
Angelika: Wie setzt Du Dich von der Konkurrenz ab (Konkurrenz wie bspw. private Nachhilfelehrer, Schülerhilfe und Studienkreis)? Was würdest Du als Dein persönliches Erfolgsgeheimnis bezeichnen?
Michael: Private Nachhilfelehrer oder Schülerhilfe und Studienkreise betrachte ich tatsächlich gar nicht als Konkurrenz, da diese sehr anders arbeiten als ich. Mein Erfolgsgeheimnis ist, dass ich gerne selbst neue Dinge lerne und interessiert bin. Dadurch kann ich mein Gegenüber ebenfalls gut zum Lernen neuer Themen animieren. Außerdem bin ich grundsätzlich an den Schüler/innen selbst interessiert und nicht nur daran, dass diese gute Noten schreiben. Deshalb versuche ich den Schülern/innen immer den Freiraum zu geben, den sie brauchen. Gerade diejenigen, die vorher schon viel probiert haben, ist nicht mit „schau doch mal hier, du musst doch nur das und das machen und dann ist alles gut“-Tipps geholfen. Vielmehr versuche ich verschiedene Ansätze durchzugehen und den Lernenden den Druck zu nehmen und das Selbstvertrauen zu stärken. Bei mir wird somit der komplette Lernprozess und teilweise auch das Umfeld miteinbezogen. Das denke ich trägt dazu bei, dass ich so viele Anfragen bekomme.
Angelika: Vielen Dank für die spannenden Einblicke in Deine Arbeit!